Implantatbehandlung

Implantatplanung

Einer Implantatplanung geht eine ausführliche allgemeine und spezielle Anamnese voraus. Diese sollte immer auch die Wünsche und Erwar­tungen des Patienten bein­halten. Nach gründ­licher Unter­suchung ist die Anfer­tigung einer Röntgen­aufnahme notwendig. Dieses kann eine 2 D Aufnahme oder - je nach anato­mischen Gegeben­heiten – eine 3 D Röntgen­aufnahme in Form eines DVTs (Digitale Volumen Tomographie) sein. DVTs sollten aus Gründen des Strahlen­schutzes aufgrund der erheblich höheren Strahlen­dosis (4- bis 20-fache Dosis im Vergleich zur 2 D Röntgen­aufnahme) be­son­deren Frage­stellungen vor­behalten bleiben und nicht routine­mäßig bei Implan­tationen Anwendung finden. Mit moder­nen digitalen Röntgen­verfahren ist die Strahlungs­exposition insgesamt als gering einzustufen. Kiefer­abformungen oder intraorale Scans können die Diagnostik noch sinn­voll ergänzen. Gegeben­falls werden präoperativ Röntgen­bilder mit einer auf die Rest­bezahnung oder auf den zahnlosen Kiefer gesetzten Schiene angefertigt. Diese soge­nannten Implantat­schablonen ermöglichen dem Operateur in vielen Fällen eine präzisere Operations­planung und aufgrund der damit mög­lichen sogenannte navigierten Implan­tation ein noch genaueres Arbeiten. Nach Anamnese und Diagnostik sind dem Zahnarzt nun die patienten­bedingten Voraus­setzungen bekannt und die möglichen Behandlungs­alternativen und deren Kosten können besprochen und die Therapie­planung kann vorgenommen werden.

Knochenerhaltung bei Zahnentfernung

Bei jeder Zahnentfernung kommt es unweigerlich zu einer Atrophie des Kiefer­knochens in Höhe und Breite. Daher ist es sehr sinnvoll, sich schon vor dem Entfernen von Zähnen gemeinsam mit dem Zahnarzt Gedanken über deren späteren Ersatz zu machen und ggf. Maß­nahmen zu ergreifen, die die unum­gängliche Atrophie des Kiefer­knochens nach der Extraktion minimiert. Ist die Ent­scheidung klar für eine Prothese oder Brücke getroffen worden, sind keine besonderen Maß­nahmen in Bezug auf den Knochen­erhalt bei der Zahn­entfernung zu beachten. Sollen hingegen Implantate gesetzt werden oder soll diese Option zumindest erhalten bleiben, so ist es sehr sinnvoll, neben einer möglichst atrauma­tischen Extraktion mithilfe spezieller Tech­niken (z.B. Ögram, Benex u.a.) die Alveole (das Zahnwurzel­fach) mit einem langsam resorbierbaren Knochen­ersatzmaterial aufzufüllen und mit einer sog. Membran oder einem Schleim­haut­transplantat abzudecken und dicht zu vernähen. So versorgt braucht die Extraktions­wunde 3-6 Monate um zu verknöchern. Dann kann ein Implantat gesetzt werden.

Sofortimplantation

In manchen Fällen kann ein Implantat in der gleichen Sitzung, in der der Zahn entfernt wird, eingebracht werden. Dieses hängt von verschiedenen anatomischen Gegeben­heiten, vom Zustand insbesondere der äußeren knöchernen Lamelle im Bereich des zu setzenden Implantates, ggf. vom Ausmaß der Entzündung des Kiefer­knochens, von Form und Ausmaß der entfernten Wurzel(n) und von weiteren Faktoren ab. Wenn die Indikationen für eine Sofort­implantation vorliegen, kann auf diese Weise die natürliche Atrophie des Knochens im Bereich der gezogenen Zähne reduziert und die Implantat­behandlung in der Zahl der notwen­digen Sitzungen und der Gesamt­behandlungs­dauer reduziert werden. Eine Sofort­implantation heißt aber nicht, dass die Implantate sofort mit Zahnersatz (Kronen, Brücken, Prothesen) versorgt werden können. Dies ist nur in sehr wenigen Fällen ratsam. In aller Regel sollte die Verknöcherung der Implantate abgewartet werden. 3-6 Monate dauert dieser Prozess.

Knochenaufbau

Sind Zähne schon vor längerer Zeit entfernt worden, so wird in der Regel der Kiefer­knochen in diesem Bereich in Höhe und Breite atrophiert sein. In vielen Fällen ist dann eine Implan­tation ohne die Ver­größerung des knöchernen Fundamentes durch Knochen­aufbau nicht ratsam oder möglich. Je nach Ausmaß des Knochen­defizites sowie der gewählten Implantat­typen muss entweder in einem separaten Eingriff vor der Implan­tation oder zeitgleich mit dieser der Knochen aufgebaut werden. Hierzu stehen viele Techniken und Materialien zur Verfügung.

Aufgrund der Wichtigkeit und des Umfanges haben wir dem Knochen- und teils auch notwendigen Weich­gewebe­aufbaus einen eigenen Menüpunkt gewidmet: Knochenaufbau

Offene oder geschlossene Implantateinheilung und Implantatfreilegung

Je nach Implantattyp sind beide Einheilungsformen oder nur die offene Einheilung möglich. Bei einteiligen Implantaten schaut der Anteil, der später die Krone oder den Zahnersatz aufnimmt, schon bei der Einheilung aus dem Zahnfleisch heraus. Das hat den Vorteil, dass nach Verknöcherung des Implantates kein zweiter chirurgischer Eingriff in Form einer sog. Implantat­freilegung erfolgen muss. Demgegen­über besteht während der Einheilung die Gefahr von Bakterien­eintritt um das Implantat herum in um­gebenden Knochen und Weich­gewebe und die Gefahr der ungewollten mecha­nischen Belas­tung des noch nicht knöchern einge­wachsenen Implantates während der Einheil­zeit. Bei zweiteiligen Implantaten wird meistens die geschlossene Ein­heilung gewählt. Hier wird nach dem Setzen der Implantate die Kieferschleimhaut wieder dicht über diesen vernäht, so dass die Implantate geschützt ein­wachsen können. Bei der nach Ver­knöcherung drei bis sechs Monate später zu erfolgenden Implantat­freilegung kann häufig gleichzeitig eine Zahn­fleisch­plastik zur Ver­breiterung des Weich­gewebes vorgenommen werden. Zwei bis fünf Wochen später ist das Weich­gewebe um den nun einge­schraubten Implantat­aufbau soweit geheilt, dass die Ab­formung zur An­fertigung des Zahn­ersatzes erfolgen kann. In einigen Fällen ist es aber auch bei Ver­wendung zwei­teiliger Implantate sinnvoll, schon direkt bei der Im­plantation einen aus dem Zahnfleisch heraus­schauenden Aufbau ein­zu­schrauben und das Implantat offen einheilen zu lassen.

Einheilzeit von Implantaten

Die notwendige Zeit zur knöchernen Einheilung von Implantaten hängt von vielen Faktoren ab: der Beschaffen­heit des Kieferknochens, dem verwendeten Implantat­typ, von der Art des geplanten Zahn­ersatzes und weiteren. In seltenen Fällen können Im­plantate auch direkt nach der Insertion mit - häufig dann zunächst pro­visorischem - Zahnersatz versorgt werden. Hierbei wird die mechanische Be­lastung der Implantate bis zur mehrere Monate dauernden Ver­knöcherung minimiert. In der Regel aber benötigen Implantate drei bis sechs Monate Einheil­zeit, bis sie belastet werden können und der Zahnersatz angefertigt wird.

Antibiotikaeinnahme im Zusammenhang mit Implantationen und Knochenaufbaumaßnahmen

Im Zusammenhang mit Implantationen ist die Gabe von Antibiotika häufig indiziert. Bei einfachen Implan­tationen ohne Knochen­auf­bau­maßnahmen bei gesunden Patienten kann in der Regel auf die Ein­nahme eines Anti­biotikums verzichtet werden. Bei Sofort­implan­tationen und/oder Knochen­aufbau­maßnahmen sollten zur Ver­hin­derung von Wund­infektionen Antibiotika hingegen eingenommen werden. Einnahme­dauer und -häufigkeit hängen vom verordneten Antibiotikum, von Art und Umfang der Operation sowie von patienten­spezifischen Faktoren ab. Für Antibiosen stehen eine Vielzahl von Medika­menten zur Verfügung. Bei Menschen mit empfind­lichem Darm kann die gleich­zeitige und über die Dauer des Antibiotikums hinaus­gehende Einnahme eines Probiotikums erwogen werden.

Kontraindikationen und allgemeinmedizinische Einschränkungen für Implantate

Kontraindikationen für Implantate bestehen nur wenige.

Grundsätzlich soll bei Menschen mit schweren All­gemeiner­krankungen auf die Durchführung implanto­logischer Maß­nahmen verzichtet werden. Derartige Krankheiten sind beispiels­weise schwere Herz­erkrankungen, ausgeprägte Blu­tungs­neigungen, Knochen- und Stoffwechsel­erkrankungen (z. B. schlecht eingestellter Diabetes). Ähnliches gilt für die regelmäßige Einnahme bestimmter Medikamente (Bisphosphonate, Immun­suppressiva, Kortison, Zytostatika u. a.). In unklaren Fällen wird zunächst eine allgemein­ärztliche oder inter­nistische Unter­suchung durchgeführt, um die richtige Ent­scheidung gemeinsam mit der Haus­ärztin oder dem Haus­arzt der Patientin treffen zu können.

Weitere Kontra­indikationen stellen krankhafte Ver­änderungen in der Mund­höhle dar, die die Schleim­haut oder die Kiefer­knochen betreffen. Hier ist zunächst deren erfolgreiche Be­handlung abzuwarten. Eine vorausgegangene radikale Kiefer­höhlenoperation stellt für den Sinuslift eine absolute Kontra­indikation dar.

Bei Patienten, die zu Allergien oder Unverträglich­keiten und über­schießenden Entzün­dungen neigen, kann die Abklärung genetischer oder immuno­logischer Unverträglich­keiten gegen das verwendete Implantat­material in Erwägung gezogen werden.

Verbleibende natürliche Zähne müssen immer vorher saniert werden (Karies- und Parodontitis­therapie). Die Mund­hy­giene ist für das langfristige Schicksal der Implantate von aller­größter Bedeutung. Stellt sich bei der Vor­untersuchung heraus, dass die Restzähne unzureichend gepflegt werden und auch nach ein­gehenden Unter­weisungen keine Besse­rung zu erzielen ist, so erscheint häufig eine Implantation nicht sinnvoll.

Ein ganz wichtiger Risikofaktor in der Ein­heilphase ist Rauchen (mehr als zehn Zigaretten am Tag). In vielen Unter­suchungen wurde gezeigt, dass dadurch vermehrt Implantate nicht richtig ein­heilen konnten (Risikofaktor zwei- bis sechsmal) und frühzeitig verloren gingen.

Behandlungsablauf

Zu Beginn der Behandlung stehen ausführliche Anamnese und Unter­suchung durch den Zahnarzt sowie weiter­führender Diagnostik wie zum Beispiel die Anfertigung von Rönt­genaufnahmen.

Nach Festlegung des Behandlungs­planes erfolgt gegebenen­falls die Anfertigung einer Implantat­schablone für eine navigierte Implantationsoperation.

Je nach Knochen­angebot wird gegebenenfalls zunächst eine Operation zum Aufbau des Knochens durchgeführt, etwa sechs Monate später kann dann das Einsetzen der Implantate erfolgen.

Bestenfalls bedarf es keiner gesonderten Aug­mentation des Kiefer­knochens und die Implantation wird mit oder ohne Knochen­aufbau durchgeführt.

Nach drei bis sechs Monaten erfolgt bei geschlos­sener Ein­heilung dann die sogenannte Frei­legung, welche manchmal in Kombination mit einem Weich­gewebs­transplantat oder einer Schleim­haut­plastik durchgeführt wird.

Bei offener Einheilung kann nach der abgewarteten Ver­knöcherung der Implantate, bzw. bei geschlossener Ein­heilung zwei bis fünf Wochen nach der Freilegung die Ab­formung der Implantate auf analoge oder digitale Weise erfolgen und der Zahn­techniker beginnt mit der Her­stellung des Zahn­ersatzes. Bei komplexen Versorgungs­formen sind vor der Ein­gliederung der „neuen Zähne“ weitere Anproben und Bissnahmen nötig.

Nach dem Einsetzen der implantat­getragenen Kronen, Brücken oder Prothesen sollte Ihre Zahnarzt­praxis Ihnen die optimale Reinigung von Implantaten und neuem Zahn­ersatz und die Anwendung der dafür nötigen Hilfsmittel demonstrieren.

Behandlungsanlauf Implantation - Dr. Groß
Einschrauben des Aufbaues auf Implantat, Aufsetzen Krone, Verschraubung Krone von nichtsichtbarer Innenseite - Quelle: Dentsply Sirona

Die einzelnen Behandlungsschritte können in diesem Video nachvollzogen werden:

Implantate fürs Leben - Dr. Groß
Klicken Sie auf das Bild, um zum Video zu gelangen.

Nebenwirkungen, Komplikationen und Risiken

Das Einsetzen von Implantaten stellt einen chirurgischen Eingriff dar. Wie bei jeder Operation kann es Neben­wirkungen geben: Schmerzen, Schwellungen, Nach­blutungen, Blutergüsse, Ent­zündungen und Wund­heilungs­störungen. Vorer­krankungen und Allgemein­leiden können sich ungünstig auf die Heilung auswirken.

Bei Operationen im Unterkiefer kann aufgrund der anatomischen Verhältnisse eine Verletzung des Kiefer- oder Zungen­nervs nicht sicher aus­geschlossen werden. In diesem Fall kann es zu einer vorüber­gehenden, ganz selten auch dauerhaften Beein­trächtigung oder dem Verlust des Gefühls in der Zunge oder auch Lippe, gegebenenfalls auch der Geschmacks­empfindung kommen.

Eine Operation im Oberkiefer kann zu einer Eröffnung der Kieferhöh­le führen. In diesem Fall werden mit einem besonders dichten, gegebenen­falls plastischen Wund­verschluss Kom­plikationen in der Regel verhindert. Jedoch kann eine Entzündung der Kiefer­höhle, die möglicher­weise der HNO-ärztlichen Weiter­behandlung bedarf, nicht sicher ausgeschlossen werden.

Nach der Operation sind Sie möglicherweise nicht oder nur bedingt straßenverkehrstauglich! Sorgen Sie deshalb dafür, dass Sie jemand nach dieser Behandlung nach Hause begleitet!

Nach 10 Jahren sind noch etwa 95 Prozent der Implantate im Kiefer. Das heißt aber nicht, dass es keine Komplikationen geben kann. Eine der häufigsten Komplikation ist die Peri­implantitis (Entz­ündung des Im­plantates bzw. des dieses umgebenden Zahn­fleisches), die meist erst nach mehreren Jahren auftreten kann. Diese Entzündung des Gewebes um das Implantat herum verläuft schnell, oft unbemerkt, ist schwer zu behandeln und führt zum Knochen­abbau. Laut Studien ist etwa jedes fünfte Implantat davon betroffen. Auch aus diesem Grund kann der Hinweis auf eine sehr gründliche häusliche Mund­pflege und die Not­wendigkeit regelmäßiger profes­sioneller Zahn­reinigungen nicht deutlich genug ausfallen!

Nachsorge und Pflege

Für den Langzeiterfolg sind die eigene sorgfältige tägliche Reinigung von Implantaten und verbliebenen Zähnen, ggf. auch des herausnehmbaren Zahnersatzes, regelmäßige alle drei bis sechs Monate durchgeführte  professionelle Zahnreinigungen und halbjährliche Kontrollen durch den Zahnarzt entscheidend.

Die Mundhygiene ist für die Lebensdauer der Implantate von allergrößter Bedeutung.